“Ich liebe die Fusion aus Neuem und Unbekanntem mit meinem eigenen Hier und Jetz.” “Es geht darum, ein offenes Herz zu haben –
unabhängig von Alter oder Nationalität.”
Dorothee Schumacher ist eine der wenigen deutschen Modedesignerinnen mit internationaler Strahlkraft. Auch wenn viele die deutsche Herkunft ihres 1989 gegründeten und nach ihr benannten Luxus-Labels oft gar nicht verorten können, wie sie im Interview verrät. Im Sommer hat sie den 35. Geburtstag ihrer Marke mit einem opulenten Fashion-Festival am Stammsitz in Mannheim gefeiert. Mit Wholesale-Geschäft, eigenem E-Commerce und mittlerweile rund 50 Schumacher-Shops weltweit lag der Umsatz zuletzt bei rund 58 Millionen Euro. Mit NOBLE&STYLE spricht die 58-Jährige über die schönsten Momente der Jubiläumsfeier, über Freundinnen als Kunden, die Erinnerung an ihre erste Kollektion, aktuelle Herausforderungen im Luxusmarkt und Dorotiiiii-Rufe in Italien.
Frau Schumacher, die Jubiläums-Feierlichkeiten liegen nun schon einige Wochen zurück. Was hat Sie dazu bewogen, gerade die 35 so opulent zu feiern?
Für mich ging es darum, Freunde, Familie, Kunden der ersten Stunde, unseren Inner Circle und das gesamte Team zusammenzubringen. Diese verschiedenen Teile unserer Geschichte ergeben ein wunderschönes, harmonisches Bild. Und ganz ehrlich, wir feiern einfach gerne! Es war meine Vision, all diese besonderen Menschen zusammenzubringen und den Moment zu genießen.
Was waren Ihre drei schönsten Momente des Fashion-Festivals in Mannheim?
Definitiv der Moment, als das gesamte Team über den Laufsteg kam. Es war toll zu sehen, wie sie gefeiert wurden und sich selbst gefeiert haben – sie haben es absolut verdient. Besonders schön war auch, dass alle 25 Models, die die Show gelaufen sind, die Marke schon seit langer Zeit begleiten. Diese langjährige Zusammenarbeit hat den Moment umso emotionaler gemacht. Hinter den Kulissen mit meinen Kindern zu stehen, war ebenfalls ein sehr emotionaler Augenblick. Der Magic Moment? Zu wissen, dass 1.000 Menschen nach Mannheim gekommen sind, um mit uns zu feiern. Alle – von der Presse über Influencer und Models hin zu unseren Kunden und Einzelhändlern – haben zusammen gefeiert. Zwischen den Gästen gab es keine Grenzen, jeder war Teil eines großen Ganzen. Das war einfach magisch. Friends of Dorothee.
Sie haben ganz bewusst mit 1.000 “Friends of Dorothee” gefeiert. Wie wird man zu einer solchen “Freundin”?
Es geht darum, ein offenes Herz zu haben – unabhängig von Alter oder Nationalität. Unsere “Friends“ sind light hearted, neugierig und lebensfroh. Natürlich hilft es, auch Kundin zu sein, aber die tiefere Verbindung zur Marke ist das, was uns wirklich zusammenbringt.
Dorothee Schumacher ist eine der wenigen deutschen Luxusmarken mit internationaler Strahlkraft. Wie reagiert man im Ausland auf Ihre Herkunft?
Es ist immer wieder sympathisch zu hören, wenn Italiener „Dorotiiiii“ sagen oder Amerikaner: “I don’t travel without my Dorothees”. Aber am lustigsten ist, dass viele gar nicht glauben, dass wir aus Deutschland kommen.
Erinnern Sie sich noch an Ihre ersten Kollektionen? Können Sie sich an Ihre allererste vor über dreieinhalb Jahrzehnten erinnern?
Absolut! Jede Kollektion bleibt mir in Erinnerung, und viele unserer Kundinnen besitzen noch besondere Stücke aus dieser Zeit. Diese Sammlerstücke erzählen immer wieder neue Geschichten – das ist etwas ganz Besonderes.
Der Luxusmarkt steht derzeit vor großen Herausforderungen. Wie begegnen Sie dieser Situation, insbesondere im Wholesale?
Unsere Partner schätzen die persönliche Bindung zur Marke und die Qualität unserer Produkte – das ist gerade in Zeiten von Unsicherheit besonders wichtig. Was wir von unseren Handelspartnern hören, ist, dass unsere Kollektionen nicht nur aufgrund ihrer Qualität, sondern auch wegen ihres Fashiongrads und der Emotionalität geschätzt werden. Die Marke hat eine generationsübergreifende Relevanz, die es uns ermöglicht, sowohl bestehende Kundinnen als auch die jüngeren Frauen anzusprechen. Das gibt uns und unseren Partnern Rückenwind, auch in unsicheren Zeiten. Wir setzen stark auf diese persönlichen Beziehungen und enge Zusammenarbeit, um den Herausforderungen im Wholesale gemeinsam zu begegnen.
Sind “Friends” auch immer gleich lukrative Kunden? Der Luxus-Retail lebt ja zunehmend von einigen wenigen “Best Buyern”. Kann das die Freundschaft manchmal belasten?
Natürlich wachsen wir mit unseren besten Kunden zusammen. Es geht aber auch um gemeinsame Erlebnisse und emotionale Momente, die uns verbinden. Dieser Kitt entsteht nicht nur durch Produkte, sondern durch geteilte Werte und Geschichten. Diese Erlebnisse zu teilen, schafft Vertrauen und stärkt die Beziehung, auch wenn es manchmal Herausforderungen gibt. Gerade in solchen Momenten zeigt sich, wie wichtig echte Nähe und Authentizität sind.
Welche Highlights dürfen die „Friends“ und 2025 erwarten?
Das Festival 2.0 in Mannheim wird definitiv ein Höhepunkt! Wir upgraden derzeit unser Retail-Konzept und planen, es im kommenden Jahr umzusetzen. Außerdem wird es einen neuen Retail-Standort geben, der unseren Kundinnen auch an einer exklusiven Urlaubsdestination die Möglichkeit bietet, uns kennenzulernen oder entspannt in Kontakt zu bleiben. Es geht dabei immer mehr um persönliche Beziehungen und individuelle Erlebnisse. Wir alle freuen uns sehr auf diese
Entwicklung.
Sie arbeiten seit längerem mit der kolumbianischen Möbelmarke Tucurinca zusammen. Das klingt für eine Luxusmodemarke erstmal ungewöhnlich.
Immer dann, wenn ich etwas oder jemandem begegne, das meine Perspektive verändert – dann weiß ich, dass es richtig ist. Genau so entstand auch unsere DS x Tucurinca Collaboration. Diese intensiven, lebhaften Farben wecken in mir die Sehnsucht nach der unbeschwerten Leichtigkeit und Lebensfreude Südamerikas, und die handgeflochtenen Pieces haben mein Herz von Anfang an erobert.
Wie kam es dazu?
Nachdem die ersten Möbelstücke ihren Weg in mein Zuhause gefunden hatten, war für mich schnell klar: Ich wollte die Familie, die Menschen und das Team hinter diesem außergewöhnlichen Brand persönlich kennenlernen. Was als Reise nach Kolumbien begann, entwickelte sich zu einer tiefen Freundschaft, die mich bis heute berührt. Tucurinca ist ein echtes Herzensprojekt – die Hingabe zum Handwerk, die nachhaltige Produktion, die Leidenschaft und die engagierten Menschen, die dahinterstehen, machen diese Brand zu etwas ganz Besonderem.
Und die Möbel ergänzen Ihre Modemarke ohne Reibungsverluste.
Ich liebe die Fusion aus Neuem und Unbekanntem mit meinem eigenen Hier und jetzt – es war daher nur natürlich, diese Begegnung in eine langfristige Partnerschaft zu verwandeln. Die Brand fügt sich harmonisch in unseren Showroom in Düsseldorf sowie in unsere weiteren Retail-Standorte ein und unterstreicht die Lebendigkeit unserer gesamten Kollektion. Das Feedback ist überwältigend: Die Wärme, Lebensfreude und einzigartige Atmosphäre, die diese einzigartigen Möbelstücke ausstrahlen, begeistern und berühren unsere Kunden immer wieder aufs Neue.
2006 haben Sie “Der Teufel trägt Prada” mit ausgestattet. Anne Hathaway und Meryl Streep tragen ihre Entwürfe in dem Kult-Film, der allein im deutschen Fernsehen unzählige Male ausgestrahlt wurde. Welchen Push hat die Ausstattung der Marke damals, vor fast 20 Jahren, verliehen?
Damals war es natürlich großartig, unsere Marke im Abspann neben Chanel und Hermès zu sehen. Doch was für mich viel bedeutsamer war, ist, dass die junge Anne Hathaway als smarte, sympathische Assistentin ihren eigenen Stil gefunden hat – und dazu unter anderem Dorothee Schumacher trug. Diese elektrischen Momente entstehen immer dann, wenn persönlicher Stil auf das richtige Kleidungsstück trifft.
Das dürfte auch in für viele andere Fälle gelten, wenn ikonische Frauenpersönlichkeiten ihre Kleider getragen haben.
Richtig. Ein weiteres Beispiel ist Taylor Swift in unserem Anzug oder eines der emotionalsten Bilder überhaupt: Iris Berben und Margot Friedländer trugen das gleiche Kleid bei einer Laudatio und unterstrichen damit ihre innere Verbundenheit. Wenn es echt ist, berührt es und geht um die Welt. Für meine Marke ist das natürlich wunderbar, denn genau darum geht es mir bei jeder einzelnen Trägerin – das eigene Selbst durch das richtige Kleidungsstück zu stärken.
Frau Schumacher, vielen lieben Dank für das ausführliche Gespräch!
Last Updated on November 11, 2024 by Editorial Team
Rüdiger Oberschür hat Theaterwissenschaften in Gießen und Frankfurt studiert. Als Modejournalist schreibt er heute zwar viel über Designer und Kollektionen. Sein Interesse gilt aber genauso dem Business hinter den Brands. Düfte, Brillen, Reisen, Interior Design und Kunst gehören ebenso zu seinen Themen.