Ein gesunder Abstand zu dem, was man tut, ist wichtig.
Nazan Eckes ist eine der bekanntesten Moderatorinnen Deutschlands. Mit ihrem türkischen Hintergrund und ihrem unverwechselbaren, energiegeladenen Profil steht sie wie kaum eine andere für den Erfolg einer modernen Karrierefrau zwischen zwei Kulturen.
Eckes ist Tochter türkischer Einwanderer aus Eskişehir und hat einen Bruder und eine Schwester. In einem Interview antwortete sie auf die Frage, ob sie früher ständig zwischen zwei Welten hin- und hergesprungen sei: „Es ist unmöglich, wenn man in zwei Kulturen aufwächst, sich festzulegen.“
2012 wurde ihr für Verdienste um die deutsch-türkischen Beziehungen der „Plattino“-Preis verliehen. 2017 wurde die Moderatorin mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und 2021 mit dem Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet.
In ihrem 2012 erschienenen Buch „Guten Morgen, Abendland“ beschreibt sie das Leben in einer Einwandererfamilie. Ihren Fernsehjob hat Eckes mittlerweile an den Nagel gehängt. Doch obwohl die ehemalige RTL-Moderatorin Nazan Eckes im TV-Ruhestand ist, begeistert sie auf Instagram weiterhin regelmäßig zahlreiche Fans. Dort folgen ihr rund eine halbe Million Fans.
Im Interview mit NOBLE&STYLE spricht sie über ihren Start bei RTL mit Anfang 20, alltägliche Rituale, ihre Jogging-Sucht, Familie, die Kleider von Alexandre Vauthier und Christopher Esber und ihren Lieblingsort zuhause – die Terrasse.
Nazan verkörpert die Kunst, eine erfolgreiche Karriere mit persönlicher Authentizität und Familienliebe in Einklang zu bringen. Ihr Weg ist ein Beweis dafür, sich selbst treu zu bleiben, trotz der ständig wechselnden Strömungen in der Medienwelt. Deshalb lieben wir Nazan!
Gab es in deiner Karriere Momente, die dich nachhaltig geprägt haben?
Das lässt sich gar nicht auf einen konkreten Moment herunterbrechen. Es ist viel mehr eine Ansammlung von vielen Momenten und Erfahrungen. Im Guten wie im Schlechten. Ich habe während meiner gesamten Karriere konstant dazu gelernt. Wer ich bin, was ich bin und vor allem, was ich nicht bin.
Im Laufe der Jahre haben sich deine beruflichen Ziele und Ambitionen entwickelt und verändert? Welche Erlebnisse waren für dich besonders bedeutend?
Ich habe mit Anfang 20 bei RTL angefangen und einfach alles auf mich zukommen lassen. Wenn du selbst noch komplett unerfahren bist, legst du erst einmal viel Wert auf die Meinung anderer. Glaubst, sie wissen besser, was für dich gut ist und was nicht. Im Laufe der Zeit, findest du immer mehr heraus, welche Formate, Geschichten, Moderationen wirklich zu dir passen und welche nicht. Für mich war immer wichtig, wirklich erfüllt zu sein bei meiner Arbeit, und ich hatte mir selbst schon zu Beginn meiner Karriere versprochen: Wenn es keinen Spaß mehr macht, gehe ich. Und das habe ich dann auch getan.
Die Film- und Medienbranche ist schnelllebig und voller Veränderungen. Wie schaffst du es, dir selbst treu zu bleiben und gleichzeitig relevant zu bleiben?
Das Wichtigste dabei ist, gar nicht erst zu versuchen, relevant zu bleiben. Gerade in dieser schnelllebigen Welt, sollte jeder von uns noch stärker versuchen, sich selbst treu zu bleiben. Mir hat mein Beruf und die schillernde Welt des Fernsehens immer extrem viel Spaß gemacht. Ich durfte tolle Formate präsentieren, viel reisen, habe großartige Menschen kennengelernt, Freunde gewonnen. Aber mir war auch immer klar, das echte Leben ist Familie, ist mein Zuhause. Ein gesunder Abstand zu dem, was man tut, ist wichtig.
Junge Menschen träumen oft von einer Karriere in den Medien. Welche Ratschläge würdest du ihnen geben?
Karrieren werden heute schnell gemacht. Ein Hit bei TikTok und dich kennt ganz Deutschland oder sogar die ganze Welt. Das ist verrückt. Wir old school Moderatoren haben uns damals dumm und dämlich moderiert, bis mal jemand Notiz von uns nahm. 😉 Und ich hatte auch keinen Einfluss auf die Berichterstattung über mich. Heute kann ich innerhalb von Sekunden ein Statement oder meine Gedanken bei Instagram verbreiten. Allerdings standen früher die Inhalte, die Shows und Sendungen im Vordergrund. Der Maßstab war ganz anders als heute bei Social Media. Heute steht die Person an sich im Vordergrund, es wird viel mehr Privates geteilt, was natürlich auch angreifbar macht. Ich kann jedem nur raten, eine klare Linie zu ziehen, zwischen dem echten Leben und der Welt da draußen.
Wenn du an die nächsten fünf Jahre denkst, welche Visionen hast du für deine Zukunft?
Ich habe noch ein, zwei Projekte, von denen ich schon lange träume. Die werde ich angehen. Aber langsam… wenn die Zeit reif ist.
Welche Designer und Marken schätzt du besonders und warum?
Ich liebe die Kleider von Alexandre Vauthier und Christopher Esber. Sexy, stark, feminin. Ich bin gerne Frau und zeige das auch.
Wie triffst du deine Entscheidung, was du zu öffentlichen Anlässen trägst und welche Kooperationen du eingehst?
Ich plane meistens lange im Voraus und schmeiße dann kurz vorher alles über den Haufen. Absolute Tagesform abhängig. Ich habe immer mehrere Optionen dabei. Die Kooperationen wäge ich sehr bedacht ab, es muss passen und authentisch sein.
Gibt es ein Kleidungsstück oder Accessoire, das für dich unverzichtbar ist?
Ich nehme bei jeder Reise, egal wohin, einen schwarzen Blazer mit. Er rettet im Zweifel jedes Outfit und sieht immer `angezogen` aus.
Gibt es in deinem Zuhause einen Lieblingsraum? Was macht ihn für dich so besonders?
Meine Terrasse… Nach dem Joggen lasse ich mich direkt dort mit einer Tassee Kaffee nieder und genieße jede Sekunde, bevor ich meine Kinder wecke.
Was ist dein Lieblingsstück in deinem Zuhause in Bezug auf die Inneneinrichtung? Gibt es ein bestimmtes Stück, das du gekauft hast, wie ein Gemälde oder eine Lampe, das für dich eine besondere Bedeutung hat?
Ich habe bei meinen Reisen unglaublich viele tolle Sachen wie Vasen, Kerzenständer, Skulpturen und Besteck gekauft. Jedes einzelne Stück ist eine tolle Erinnerung. Das für mich schönste und bisher größte Mitbringsel ist eine hölzerne „Fruchtbarkeitsgöttin“. Die habe ich vor 15 Jahren auf einem Künstlermarkt in Malawi gekauft. Sie steht gleich am Eingang und begrüßt jeden Besucher… haha …;)
Gibt es in deiner Familie Rituale, die du regelmäßig pflegst?
Erstens haben wir einen sehr wilden Familien-Chat, der nie ruhig ist und außerdem treffen wir uns alle immer zu unseren Geburtstagen. Vor allem, wenn unsere Mutter Geburtstag feiert, geht es jedes Jahr für eine Woche in die Türkei.
Welches Buch liest du gerade oder hast du zuletzt gelesen?
„Dieser Schmerz ist nicht meiner“ von Mark Wollen, über transgenerationale Traumata. Ich beschäftige mich seit Längerem mit diesem Thema. Absolut empfehlenswert. Für jeden !!!
Gibt es ein Lebensmotto, das dich begleitet und inspiriert?
Das Leben ist kurz. Ich mache nur noch kurzfristige Pläne, nicht für die nächsten 10–20 Jahre…
Gibt es ein bestimmtes Hobby, das dir hilft, abzuschalten?
Ich bin seit 20 Jahren leidenschaftliche Joggerin und inzwischen süchtig danach. Ich kann gar nicht mehr ohne. Brauche das zum Abschalten und sortiert in den Tag zu starten. Zudem liebe ich das Gefühl, mich einmal am Tag körperlich richtig auszupowern und dann mit Genuss zu frühstücken. Dieses `Ich hab’s mir verdient“ Gefühl…
Welche fünf Dinge dürfen auf keinen Fall fehlen, wenn du reist?
Ein gutes Buch – Kopfhörer – Laufschuhe – Meine Skincare – Ein schwarzer Blazer
Wie definierst du Luxus in deinem Leben, und hat sich diese Definition im Laufe der Zeit verändert?
Das hat sich tatsächlich ganz stark verändert. Früher waren die klassischen Luxusgüter, wie ein großes Haus und ein schnelles Auto. Heute ist Zeit für mich ein echter Luxus. Ich bin ein großer Fan von Slow Living geworden. Ich versuche, mich von gesellschaftlich vorgegebenen, angeblich wichtigen „to do`s“ nicht mehr so stressen zu lassen. Denn wenn wir genauer hinschauen, ist am Ende nichts so wichtig, dass es nicht mal ein wenig warten kann. Meine Priorität ist, Zeit für meine Kinder, Sport, Reisen, Zeit mit coolen Menschen zu verbringen.
Kannst du uns etwas über dein Engagement in wohltätigen Organisationen erzählen und warum dir diese Anliegen so wichtig sind?
Zu Beginn sind viele Organisationen auf mich zugekommen. Das hat sich einfach so ergeben, doch mit der Zeit, habe ich verstanden, wie wichtig es ist, sich als öffentliche Person zu engagieren und seine Stimme zu nutzen, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Das ist das Mindeste. Vor allem die Rechte der Frauen und Kinder sind meine Themen.
Was ist deine früheste Kindheitserinnerung?
Da fällt mir als Erstes meine Kindergartentasche ein…. Sie war rot, mit einem Bild von Biene Maja. Schade, dass ich sie nicht mehr habe. Ich weiß auch noch, dass ich sehr gerne in den Kindergarten gegangen bin. Und ich denke da an gemeinsame Fernsehabende mit meinen Eltern. Dieses Lagerfeuer- Gefühl, von dem heute so viele sprechen und was es nicht mehr gibt.
Wie stark vertraust du auf dein Bauchgefühl?
Sehr stark. Bei allen wichtigen Entscheidungen gehe ich immer nach meinem Bauchgefühl. Selbst nach hundert Ratschlägen und Warnungen von außen entscheidet am Ende mein Bauch. Und das hat sich langfristig als richtig erwiesen. Mit ein, zwei Ausnahmen natürlich 😉
Nach einem langen Tag – wonach sehnst du dich am meisten?
Ich will dann einfach nur mit meinen zwei Kindern auf dem Sofa kuscheln und gemeinsam einen Film schauen. Wie ich früher mit meinen Eltern. I love it. Meine zwei Söhne sind das Beste, was mir je passiert ist. Ich liebe sie über alles.
Danke Nazan!
Last Updated on Oktober 29, 2024 by Editorial Team
Chefredakteur Raffaele schenkt dem Magazin ein weltgewandtes Flair, das er aus London, Berlin, New York und Barcelona einbringt. Seine 20-jährige Erfahrung mit Luxusmarken sowie seine Liebe zu Reisen und Essen bereichern den Magazininhalt.
Rüdiger Oberschür hat Theaterwissenschaften in Gießen und Frankfurt studiert. Als Modejournalist schreibt er heute zwar viel über Designer und Kollektionen. Sein Interesse gilt aber genauso dem Business hinter den Brands. Düfte, Brillen, Reisen, Interior Design und Kunst gehören ebenso zu seinen Themen.