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Edler Genuss: Auf ein Gespräch mit dem außergewöhnlichen Chocolatier Lluc Crusellas
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Edler Genuss: Auf ein Gespräch mit dem außergewöhnlichen Chocolatier Lluc Crusellas

Theresa Breitsching
Lluc Crusellas

Der Katalaner Lluc Crusellas zählt zur Haute Volée der besten Patissiers und wurde im Jahr 2022 zum weltweit besten Chocolatier gekürt. Aber er ist noch viel mehr: Er ist Künstler, Innovateur, Unternehmer und lässt feinste Con­nais­seur-Herzen höher schlagen. Er beherrscht die Macht der Sinne, insbesondere des Geschmacks- und Geruchssinns, wie wir es vielleicht nur aus Marcel Prousts ikonischem Madeleine-Moment kennen, wo eine erinnerungsgetränkte Reise in die Vergangenheit mit dem Biss in ein Gebäck startet.

Seine Inspiration stammt aus seinen Reisen in exotische Länder, weit entfernt vom belebten Treiben der Großstadt, wobei er beide Welten in seine einzigartigen Kreationen einfließen lässt. Mit Eukarya hat er eine Schokolade entwickelt, die sich wie eine lebende Zelle immer neu erfinden soll. Seine Kreationen sollen mutieren, neue Formen annehmen, sich herausentwickeln, nur nicht stehen bleiben. Genießer seiner Werke sollen seine Schokolade nicht einfach nur essen, sondern sie vielmehr erleben und durch organoleptische Erfahrungen verführt werden. Das Motto “immer in Bewegung sein” zeichnet dabei nicht nur seine Marke aus, sondern könnte auch sein Lebensmotto sein. Lluc Crusellas ist dankbar, dass ihm Schokolade ermöglicht zu reisen, seinen Horizont zu erweitern, neue Kulturen kennenzulernen, vielleicht mit seinen Kreationen zu vermitteln, das verbindende Element vor das Trennende zu stellen.

Es gibt eine Kreation, die vor vielen Jahren selbst sein Herz gestohlen hat. Ein einfaches Dessert, das doch zu einem Wendepunkt seiner Karriere geführt hat, “Xocosú” nennt er es. Eine Kombination aus Tiramisu und Millefeuille, aber mit mehr Schokolade, die in ihm die Lust nach “mehr” ausgelöst hat und der Anstoß war, Patisserie weiterzudenken. In seinem Geburtsort in Sant Julià, wo es mit “Pastisseria Crossandra” eine kleine Dorfkonditorei gab, sah er mit eigenen Augen, dass Confiserie ehrlich glücklich machen und Menschen begeistern kann.

Mit siebzehn lernte er das patisserische Handwerk unter dem renommierten Chefkoch Nandu Jubany, wo seine Karriere Fahrt aufnahm, die ihn weiter zu bekannten Institutionen wie Espai Sucre oder Hofmann in Barcelona führte – und zu La Pastisseria Barcelona, einem Meilenstein seiner Karriere. Seit seinem Weltmeistertitel im Jahr 2022 ist er weit über die Ländergrenzen Spaniens bekannt. Pop-up Ventures in Spanien und die Ausstellung des Schokoladenelefants in Harrods sind Zeugen seines wachsenden Erfolgs. Ein aufregendes Leben, auf das er durchaus demütig zurückblickt und das ihn auch viel gekostet hat. An der Spitze steht man nicht ohne Verzicht.

In seinem Interview erzählt er von seinen Anfängen, wie er lernen musste, sich selbst zu vertrauen, sich ins Unbekannte zu stürzen und dabei eine Industrie neu zu erfinden.

Eukarya
Dunkel bis hell: Schokoladentafeln für jeden Geschmack.

Vom Sommerjob im Restaurant bei Nandu Jubany zum weltbesten Chocolatier – das klingt nach einer sehr inspirierenden Reise. Könntest Du uns die Schlüsselmomente und Hürden schildern, die deine Karriere geprägt haben und wie du dich dadurch als Konditor weiterentwickelt hast?

Ja, die Wahrheit ist, dass es ziemlich hektisch war! Ich bin mir nicht sicher, ob mein Werdegang wirklich so inspirierend ist, aber ich würde ihn als aufregend bezeichnen, da in sehr kurzer Zeit wirklich sehr viele Dinge passiert sind. Ich denke, einer meiner Schlüsselmomente war, mich ins Ungewisse zu stürzen, obwohl ich anfangs nicht an mich selbst geglaubt habe, und dann endlich Vertrauen zu fassen- in mich selbst, in mein Team und letztendlich in die Illusion, Träume zu erfüllen. Ich würde sagen, dass dies einer der entscheidenden Momente war, auch in Anbetracht dessen, dass ich teilweise auf Freunde, Familie und Jugend verzichten musste. Wenn wir über Hindernisse sprechen, dann ist es genau das: oft nicht in der Lage zu sein, Freunde oder meine Freizeit zu priorisieren, insbesondere in diesem Beruf. Der schwierigste Teil meiner Karriere war bestimmt, nicht bei Familienfeiern dabei sein zu können, keinen Urlaub und keine Zeit für mich selbst zu haben.

Gibt es bestimmte Köche, kulinarische Stile oder kulturelle Einflüsse aus dem Ausland, die deine Herangehensweise an die Kreation von Patisserie maßgeblich inspiriert haben? Wie lässt Du diese Inspirationen in deine Arbeit einfließen?

Ich bin sogar fest davon überzeugt, dass dies der Fall ist. Wir wachsen doch alle mit verschiedenen Einflüssen und Inspirationen auf, das gilt heutzutage mit den sozialen Netzwerken und der unglaublichen Kommunikation umso mehr. Dennoch glaube ich, dass die französische Patisserie einen besonders großen Einfluss hat. Zum Beispiel Christophe Michalak, den ich sehr verehre und schätze. Aber auch Konditoren von hier, wie Ramon Morató, Enric Monzonis, Miquel Guarro und Enric Rovira – Patissiers mit hervorragenden Techniken und einer brutalen Eleganz und Anmut, weshalb sie Teil meiner Inspiration sind.

Der Name Eukarya – inspiriert von Kakaozellen – ist faszinierend. Bitte erläutere die Philosophie hinter der Marke und wie sich diese in der breiten Palette von 45 Produkten auf Schokoladenbasis widerspiegelt, die du anbietest.

Die Philosophie entspringt auch aus dem Namen: ‘Eukarya' kommt nicht nur von den Zellen, die die Kakaobohne bilden, sondern auch von der Zelle selbst – ein lebendiges, sich bewegendes, konstantes Element, das voranschreitet, um zu wachsen, sich zu vermehren, neues Leben zu bilden. Die Idee der Marke ist daher, dass sie ebenfalls lebendig ist, sich immer vorwärts bewegt, niemals stehen bleibt, sich selbst reproduziert, Bewegung und Leben vermittelt. Mein Ziel ist es, dass die Marke durch ihre Produkte genauso reflektiert wird: Produkte, die mutieren, die Erfahrungen machen und nicht statisch sind, sondern sich jeden Tag weiterentwickeln. 

Lluc Crusellas
Süße und ausgefallene Kreationen von Lluc Crusellas

Sie haben erwähnt, dass Sie durch organoleptische Erlebnisse verführen möchten. Wie gehen Sie an die sensorischen Aspekte Ihrer Kreationen heran, um sicherzustellen, dass jedes Produkt exquisit schmeckt und auch andere Sinne anspricht?

Ich denke, dass Erlebnisse ein integraler Bestandteil von Produkten sind. Das bedeutet, dass Produkte nicht mehr einfach nur Produkte sind, sondern großartige Erfahrungen dahinterstehen müssen. Die Erfahrung beginnt, sobald der Reiz eintrifft – sei es, weil Du es in den sozialen Medien gesehen hast, im Fernsehen oder wenn Du den Laden betrittst. Zum Beispiel haben wir den Geruch von gerösteten Nüssen über einen Toaster in das Lüftungssystem des Ladens integriert, um bereits beim Kauf des Produkts eine besondere Erfahrung zu bieten. Diese teilt man nicht nur in Bezug auf den Geschmack, sondern auch durch den Geruch oder den Anblick, was das Erlebnis zu einem multisensorischen Ereignis macht, nicht wahr? Daher halte ich es für wichtig, den Kunden nicht nur nach dem Produkt selbst suchen zu lassen, sondern ihm gleichzeitig ein unvergessliches Erlebnis zu bieten – denn schließlich werden wir uns genau an diese Erfahrungen erinnern. 

Wie kann deiner Meinung nach die Kombination von Schokolade mit verschiedenen Aromen und Texturen die Stimmung oder das sensorische Erlebnis einer Person beeinflussen?

Schokolade und Süßes sind in dieser Hinsicht äußerst wichtig, da sie ein Stimulus sind und sich erwiesenermaßen positiv auf den menschlichen Körper auswirken. Ich bin mir sogar sicher, dass es wichtig ist, uns die kleinen Freuden nicht vorzuenthalten und wir uns viel mehr bewusst sein sollten, dass auch unser Körper jeden Tag eine kleine Freude verdient hat, indem wir Schokolade zu einem köstlichen Bestandteil machen.

Schokolade hat eine universelle Anziehungskraft über alle Kulturen hinweg. Hast Du bei deinen Reisen erlebt, dass Schokolade als Mittel zur Überbrückung kultureller Unterschiede oder als universelle Sprache verwendet wird?

Es ist absolut wahr, dass Schokolade ein universelles Element ist. Ein Element, das verschiedene Kulturen vereint und eine Zutat, die in den meisten Ländern so ziemlich gleich behandelt wird – ganz im Gegensatz zu vielen anderen Zutaten. Schokolade hat mir daher sehr geholfen, da ich dank ihr viel gereist bin, andere Kulturen kennengelernt und eine Vielzahl lehrreicher Erfahrungen gemacht habe. Und obwohl ich immer noch viel zu lernen habe, hat sie es mir ermöglicht, Menschen und Kulturen zu begegnen, denen ich mich stark verbunden fühle, sei es auf kultureller, sprachlicher oder kommunikativer Ebene… Schokolade schafft eine Verbindung und gleicht alle Kulturen aus, sodass es zwischen Kulturen und Ländern keine Unterschiede mehr gibt.

Lluc Crusellas Harrods
Der Schokoladenelefant von Lluc Crusellas, der in Harrods in London ausgestellt wurde.

Hast du unter deinen zahlreichen Kreationen ein persönliches Lieblings-Süßgebäck oder Schokoladenprodukt, das einen besonderen Platz in deinem Herzen hat? Was macht es für dich so besonders?

Es gibt vor allem eine bestimmte Kreation, die mein Herz gestohlen hat und die ich tief in einer kleinen Ecke meines Herzens aufbewahre. Es ist zwar ein einfaches Dessert, jedoch glaube ich auch, dass es jenes Dessert ist, das zu einem Wendepunkt in meiner Karriere geführt hat – ich nenne es “Xocosú”. Eine Kombination aus Tiramisu und Millefeuille, aber mit viel mehr Schokolade. Ein Wendepunkt in meiner Karriere, weil es ein Dessert war, das in Konditorei- und Gastronomie-Zeitschriften veröffentlicht wurde und von diesem Moment an alles seinen Anfang nahm! Wo ich geboren und aufgewachsen bin, gibt es eine Konditorei namens “Pastisseria Crossandra”, in Sant Julià de Vilatorta, und dort habe ich mit eigenen Augen gesehen, dass dieser Beruf so unglaublich schön und nah an den Menschen ist und vor allem auch Glück vermitteln kann.

Angesichts der zentralen Rolle von Kakao in deinen Kreationen, wie gehst Du bei der Beschaffung von hochwertigem Kakao vor und welche Schritte unternimmst Du, um die Nachhaltigkeit der Zutaten und Verfahren zu gewährleisten?

Kakao ist eine großartige, brillante Zutat, und zwar nicht nur als Zutat an sich, sondern auch wie er angebaut wird und wie der gesamte Prozess abläuft. Ich hatte das große Glück letzten Sommer auf Kakao-Plantagen in Venezuela dabei zu sein, und auch dieses Jahr, wenn alles gut läuft, möchte ich nach Venezuela, Peru und Kolumbien zurückkehren, da es eine wunderbare und zugleich überraschende Erfahrung ist, den Kakao von Hand einzeln zu pflücken. Auswählen, probieren und wieder probieren… bis man die beste Kombination findet, obwohl das keine leichte Aufgabe ist, da es sehr schwierig ist, sich bei so vielen guten Produkten zu entscheiden. Man muss immer die Herkunft und die Art und Weise der Bewirtschaftung der Plantagen kennen, um ein ordnungsgemäßes Verfahren sicherzustellen und die angemessene Behandlung des Produkts zu garantieren. Wir müssen auch die Menschen berücksichtigen, die diesen Prozess durchführen, sie wertschätzen und sie entsprechend behandeln, wie sie es verdienen und ohne Unterschiede.

Wie können sich die chemischen Eigenschaften von Schokolade, wie Flavonoide und Koffein, und ihre Kombination mit verschiedenen Geschmacksrichtungen und Texturen auf die Stimmung einer Person oder ihr sensorisches Erlebnis auswirken? Welche einzigartigen Eigenschaften machen Schokolade zu einem vielleicht universellen Symbol für Komfort und Genuss?

Ich denke, sie haben dank ihrer positiven Stimuli eine sehr große Wirkung. Die Kombination von Schokolade auf chemischer Ebene erzeugt schließlich nach dem Verzehr positive Reize wie Freude, Vergnügen und allgemeines Wohlbefinden, und zwar eben nicht nur als bloße Ingredienz, sondern überall auf der ganzen Welt. Du wirst niemanden finden, der traurig ist, wenn er Schokolade kauft, denn in dem Moment, in dem du sie siehst, löst sie bereits Glücksgefühle aus. Darum besteht der Reiz auch nicht nur aus dem Moment des Verzehrs alleine, sondern auch aus der positiven Erfahrung beim Kauf und dem anschließenden Verzehr. Ich denke, das ist es, was sie zu einem universellen Symbol der Positivität macht, dass ich, wenn ich jemandem Schokolade schenke, das Gefühl habe, etwas Gutes, etwas Positives zu tun. Man fühlt sich wohl dabei, wenn man Schokolade verschenkt, und man weiß, dass rund um diese Zutat Freude, Illusion und vor allem diese energetischen Impulse übertragen werden, die, sobald sie in den Körper gelangen, freigesetzt werden.

Lluc Crusellas
Lluc Crusellas in seinem Shop Eukarya.

Das Interesse an den gesundheitlichen Vorteilen von dunkler Schokolade wächst. Wie sollte Schokolade deiner Meinung nach in den Lebensstil integriert werden, um ihre Vorteile zu maximieren und dennoch das Gleichgewicht zu wahren?

Absolut! Es ist wichtig, dass ihre Vorteile richtig genutzt werden, ohne dabei die Schokolade selbst in Verruf geraten zu lassen, denn es stimmt natürlich auch, dass manche Schokolade viel Zucker enthält. Sie besitzt dennoch sehr wichtige gesundheitliche Eigenschaften, weswegen es sinnvoll ist, sie zu konsumieren, wenn auch stets in Maßen. Ich glaube, dass das perfekte Gleichgewicht nicht in der Quantität, sondern in der Qualität unserer Gewohnheiten liegt. Natürlich ist es nicht dasselbe, 50 Gramm Schokolade am Tag zu essen und zu Hause auf dem Sofa zu sitzen, oder 50 Gramm zu essen und ein ausgewogenes Leben mit Sport, Fitnessstudio usw. zu führen. Das Problem ist nicht die Schokolade, die wir essen, sondern die Gewohnheiten, die wir haben.

Kannst du uns einzigartige Techniken oder Ansätze vorstellen, die du entwickelt hast und die deine Feingebäck- und Schokoladenkreationen auszeichnen?

Eine der wichtigsten Techniken, die ich bisher beigetragen habe und über die ich mich besonders freue, ist eine Methode, die ich verwendet habe, um die Schokoladen bei der Weltmeisterschaft, den World Chocolate Masters, zu bemalen – und das ist ein Tampon. Es handelt sich hierbei um eine bisher nicht angewandte Technik. Zudem versuche ich, dass meine Kreationen wahrlich aus zwei Wörtern bestehen: Schlichtheit und Produktivität. Diese beiden Merkmale sind mir sehr wichtig, und ich versuche stets, dass sich meine Produkte mit ihnen identifizieren und dieser Essenz gerecht werden.

Das Pop-up-Event im Hotel Yurban Trafalgar in Barcelona und die Präsentation deines Schokoladen-Elefanten bei Harrods haben deine Produkte einem breiten Publikum vorgestellt. 

Ich denke, es ist wichtig, dass die Marke lebendig wie mobil ist. Daher letztlich auch das Thema “Pop-up” und der Elefant bei Harrods, damit sich die Marke verbreitet, sich bewegt, agil ist und nicht stehen bleibt. Die Sichtbarkeit ist also sehr hilfreich, besonders wenn es darum geht, näher an die breite Öffentlichkeit heranzukommen, nicht wahr? 

Lluc Crusellas Eukarya
Süße Blumenvariationen von Lluc Crusellas

Mit welchen kulinarischen Innovationen oder Trends beschäftigst Du dich derzeit und wie setzt Du diese in deinen Kreationen um?

Auf kulinarischer und gastronomischer Ebene sowie als Konditor zählt die Arbeit mit Fasern zu den wichtigsten Trends. Insbesondere jene Fasern, die dazu beitragen, Rezepte zu texturieren und Gelatine oder andere Inhaltsstoffe zu vermeiden, die chemische Prozesse durchlaufen. Der Wandel hin zu mehr natürlichen und weniger chemischen Prozessen ist meiner Meinung nach von grundlegender Bedeutung. Ich glaube, dass hier in Hinblick auf die Formulierung der größte Schwerpunkt liegt, und ich spreche aus Erfahrung, wenn ich sage, wie wichtig es ist, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen. Ich kann es nur wiederholen: Produkte sind nicht mehr bloß Produkte, sondern Erlebnisse. Nur wenn ein Produkt ein Erlebnis ist, hat es wirklich eine Zukunft. Wenn ein Produkt nur ein Produkt ist, hat es keine Zukunft.

Apropos Zukunft, werfen wir doch einen Blick in die Zukunft von Schokolade in Hinblick auf Innovationen, Konsumtrends und ihre Rolle in der Gesellschaft?

Auf gesellschaftlicher Ebene glaube ich, dass es sich um ein Produkt handelt, das an Bedeutung gewinnen wird und leider teurer werden wird und daher zwar wahrscheinlich mehr konsumiert wird, aber in geringerer Menge. Zum Beispiel können wir jetzt sofort eine ganze Tafel Schokolade essen und dann die nächsten drei Tage nichts mehr, aber in Zukunft wird es vermutlich genau umgekehrt sein: Man wird mehrere Tage hintereinander essen, aber nicht mehr so viel. Ich glaube, dass wir uns des Schokoladenkonsums bewusster werden und dies auch in Bezug auf Innovationen geschehen wird. Schokolade wird von viel höherer Qualität sein, weg von großen Mengen an Zucker, geschmacklosen Schokoladen und von Kakao, der oft verwendet wird und der organoleptisch überhaupt nicht gut ist. Davon werden wir uns abwenden und uns zu viel hochwertigeren Schokoladen hinbewegen – in die Fußstapfen jener treten, die Kaffee gemacht haben. Ein brutaler Job, aber nunmehr gibt es gute Cafés mit richtig guten Leuten und hervorragenden Kaffeemachern auf der ganzen Welt. Kaffee ist nicht mehr nur Kaffee, sondern ein ganzes Erlebnis: du gehst ins Café und siehst, wie er zubereitet wird, du kostest ihn – die Tasse, der Raum… und schlussendlich denke ich, dass all das der Weg ist, den Kakao gehen muss.

Als Meister der Schokolade, gibt es kulinarische Genüsse oder Freuden, die du in deiner Freizeit genießt? Was ist dein ultimatives Wohlfühlessen?

Die Wahrheit ist, dass ich durch all das, was vorgefallen ist, die Chance hatte, sehr interessante und hervorragende Dinge zu probieren und zu essen… und unglaubliche Erfahrungen zu machen. Aber trotzdem muss ich gestehen, dass ich in meiner Freizeit am liebsten einfach mit meiner Familie oder Freunden zusammen bin und wir ungestört in Ruhe zu Hause ein typisches katalanisches Gericht essen – Brot mit Tomate und Wurst. Das ist für mich mein kulinarisches Vergnügen, sich zu Hause zu fühlen, zusammen mit meinen Liebsten und den Speisen, mit denen wir aufgewachsen sind.

Welche Hobbys oder Aktivitäten außerhalb der Patisserie bringen dir Freude und Entspannung? 

Mein großes Hobby, mit dem ich aufgewachsen bin und das meine Werte und meine Einstellung geprägt hat und überhaupt all das betrifft, was mich ausmacht, ist der Radsport. Radfahren ist für mich mehr als ein Hobby, wofür ich mich begeistere, es ist meine große Leidenschaft. Der Radsport ist meine Zuflucht, er bereitet mir Freude und fast alle meine Freunde stammen aus der Radsportwelt, weil ich viele Jahre lang an Wettkämpfen teilgenommen habe und es wirklich sehr genieße. Ich kenne das Gelände, die Geografie und die Orte… und es ist ein wirklich schöner Sport, der mir sehr als Ausgleich dient und um wieder zu mir selbst zurückzufinden, wenn ich alleine unterwegs bin.

Eukarya
Ein Blick in den Eukarya Shop von Lluc Crusellas.

Wenn du in der Zeit zurückgehen könntest, um deinem damals 17-jährigen Ich, als du deine Reise als Konditor gestartet hast, einen Ratschlag zu geben, welche Weisheiten würdest du mit deinem heutigen Wissen teilen?

Als ich mich entschieden habe, in die Patisserie zu gehen, hatte ich viele Zweifel. Ich bereue zwar nichts, weil ich immer ich selbst war, aber ich würde ihm sagen, mehr an sich selbst zu glauben und zu vertrauen. Ich würde der ganzen Welt zwar zuhören, aber viel mehr filtern, da ich eine Person bin, die sehr vieles zu nahe an sich heranlässt. Aber vor allem, sich selbst zu vertrauen, vorwärts zu gehen und hart für seine Ziele zu kämpfen. Das ist wirklich der einzige Ratschlag, den ich mir geben würde- mich selbst viel mehr zu schätzen und meines täglichen Lebens bewusster zu sein.

Hast Du bei deinen zahlreichen Reisen und Erfahrungen eine Lieblingsstadt oder ein Lieblingsreiseziel, das einen bleibenden Eindruck bei dir hinterlassen hat? Welche fünf Orte würdest Du einem Freund empfehlen?

In Hinblick auf globale Erfahrungen haben mich bisher am meisten Orte beeindruckt, wo die Dinge ihren Ursprung haben und die weniger globalisiert sind, wie Marokko, Venezuela, Senegal… Ich war an solch unberührten Orten, und sie sind wirklich unglaublich. Zeuge des Friedens und der Ruhe zu werden und sich bewusst zu sein, dass die Welt so globalisiert geworden ist, sodass wir manchmal die Einfachheit der Dinge mehr schätzen als die Komplexität und Globalisierung. Ich bewundere aber auch sehr die Leidenschaft und die Bewegung von Städten und Orten wie London – es war unglaublich aufregend, Harrods von innen zu erleben. Und vielleicht würde ich auch noch die Schweiz nennen, die ich als Chocolatier als Paradies ansehe und die auch jener Ort ist, an dem ich geboren worden wäre, wenn schon nicht zu Hause, denn ich liebe meine Heimat, ich liebe Osona, ich liebe Katalonien und die iberische Halbinsel im Allgemeinen! Aber ich glaube, dass die Schweiz ein Paradies für Chocolatiers und Liebhaber von Radfahren, Bergen und Natur ist. Ja, die Schweiz ist ein wirklich erstaunliches Land, mit einer sehr konzentrierten Gesellschaft, Kultur und Philosophie, und deshalb denke ich sogar, dass die Schweiz bislang mein Lieblingsland ist.

Vielen Dank, Lluc, es war ein wahres Vergnügen!

 

Eukarya Lluc Crusellas
Kleine Kostbarkeiten, die glücklich machen.

Interview: Raffaele Castelli 

Eukarya Website

Lluc Crusellas Website

 

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Last Updated on April 11, 2024 by Editorial Team

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