Florian Schramm wollte einen neuen Standard setzen, als er 2014 die erste Pizzeria Berlins, in der ausschließlich neapolitanische Pizza angeboten wird, eröffnete. Ein hochgestecktes und von Erfolg gekröntes Ziel. Die Tatsache, dass hier viele wissen, was eine neapolitanische Pizza ist, haben wir auch ihm zu verdanken. Er hat mit seiner ihm eigenen Leidenschaft für das Produkt, hohen Qualitätsansprüchen und seiner authentischen Art das geschaffen, was vielen verwehrt bleibt: Ein erfolgreiches Restaurant und einen neuen Standard.
Heute, sechs Jahre nach der Eröffnung von Standard-Serious Pizza brummt der Laden wie eh und je. Ein zweiter ist im Bau und Florian hat bereits weitere Ideen. Dabei ist ihm aber eines wichtig: dass das, was er bereits aufgebaut hat, weiterhin funktioniert, die Qualität gleich bleibt, das Angebot den Gästen gefällt und seine Angestellten und er Spaß haben an dem, was sie tun.
Das letztere kann ich sofort bestätigen, als ich den Laden betrete. Ich werde fröhlich begrüßt. Alle Anwesenden sind am Räumen und Vorbereiten. Die Stimmung ist italienisch-belebt. An einem großen Tisch nahe der offen gestalteten Küche werden Lieferboxen gefaltet, eine junge Kellnerin arrangiert Stühle und Bänke, der Chef gibt nebenbei seine Anweisungen und empfängt während unseres Gespräches noch schnell einen Lieferanten. Kaum zurückgekehrt, ist es, als wäre er nie weg gewesen. Nahtlos greift er das letzte Thema wieder auf und spricht in seinem charmanten österreichisch angehauchten Dialekt einfach weiter. Er spricht schnell und denkt noch schneller. Seine Art ist direkt und persönlich, wie auch sein Konzept und Interieur. Der Wahlberliner kümmert sich bevorzugt um alles selbst, und das mit Leidenschaft.
Er wollte keinen Innenarchitekten, das sei ihm zu unpersönlich, verrät er mir. Er wollte die Idee, die seinen Vorstellungen von einem Restaurant entspricht, in all ihren Facetten selbst umsetzen.
„Ich will niemanden nachmachen, ich will meine eigene Version den Gästen nahebringen, inspiriert von den Dingen, die ich mag und nicht die Inspirationen und Visionen anderer. Essen ist ein höchst kultureller Akt. Aber Kultur ist ja auch immer das, was man selbst daraus macht.“
Florian Schramm ist jemand, der weiß, was er will und sich vor allem von seinem Gefühl leiten lässt. Studiert hat er Kunst, arbeitete aber während seines Studiums bereits in der Gastronomie, und das gern. Aus der südlichen Region seiner Heimat Österreich kannte er, vielleicht auch wegen der Nähe zu Italien, die ursprünglichste Version der Pizza: Die Vera Pizza Napoletana. Als er nach seinem Studium erlebte, dass das Leben als Künstler doch nicht so zu sein scheint, wie er erhofft hatte, entschied er kurzerhand nach Berlin zu gehen und ein Restaurant zu eröffnen. Er sah sich um, was es gab und was es vor allem nicht gab, und entschied, was es brauchte: Die Pizza, die er aus seiner Jugend kannte und vermisste.
„Entscheidend für die Echtheit einer neapolitanischen Pizza sind diverse Faktoren. Die Grundlage muss stimmen und sie akzeptiert keine Kompromisse, woran wir uns auch zu 100 % halten. Was man nachher saisonal daraus macht, ist eine andere Sache.“, schildert Florian.
„Den Teig, der entgegen der landläufigen Meinung nicht dünn und knusprig, sondern mit einem breiten blasigen Rand serviert wird, stellen wir aus 100 % kampanischem Weichweizenmehl täglich frisch in einem Hubteigkneter her. Danach ruht er traditionell zwischen 24 und 30 Stunden. Belegt wird er mit Zutaten, die allesamt von lokalen Bauern und Herstellern aus Neapel und Umgebung stammen.“, erzählt er ohne Punkt und Komma, als wäre es das selbstverständlichste der Welt. „Verwendet werden zum Beispiel ausschließlich San Marzano Tomaten, gewachsen in der vulkanischen Erde am Fuße des Vesuvs. Wir verarbeiten die Tomaten auch nur manuell, sodass die Fasern und der Geschmack erhalten bleiben.“, so der Chef weiter.
Ebenfalls nennenswert ist der einzigartige Fior di Latte Mozzarella, der aus einer kleinen Käserei an der Amalfiküste stammt. Das Schöne hier: Die Kühe, deren Milch für diesen traditionell hergestellten Mozzarella verwendet wird, haben ihre Weideplätze hoch oben in salzhaltiger Bergluft und werden artgerecht gehalten und gemolken.
Gebacken wird der Teig schlussendlich in dem dafür extra erbauten neapolitanischen Kuppelofen, der bis zu infernalische 500 Grad Celsius heiß wird, damit der Teig in 60 bis 90 Sekunden aufgeht und fertig zum Verzehr ist. So bleiben die Zutaten frisch und der Geschmack reichhaltig. Während der kurzen Backzeit dreht der Fornaio, der Pizzabäcker, vielfach den Teig mit einer Holzschaufel, so dass alle Seiten gleichmäßig goldbraun gebacken aus dem Ofen kommen.
Je nach Saison ändert sich bei Standard-Serious Pizza das Angebot und wenn es Lieferengpässe oder Qualitätsmängel gibt, kreiert das Team um Florian, alle Italiener, kurzerhand neue Pizzavarianten. Alles im Sinne bester Qualität.
Der beschriebene Prozess scheint viel Zeit und Verständnis für das Produkt und seine Herkunft zu verlangen und stellt natürlich einen Kostenfaktor dar. Aber auch dazu bezieht Florian klar Stellung. Als er sich entschied ein Restaurant zu eröffnen, gab es nur die eine Frage:
„Entweder mache ich es richtig oder gar nicht. Die Gäste sind froh über eine gute Pizza und verstehen, dass Qualität etwas mehr kostet. Es sollte völlig normal sein, dass gute Produkte für das, was wir essen, verwendet werden“, erklärt er nachvollziehbar.
Angemerkt sei, dass die Preise sich bei Standard-Serious Pizza durchschnittlich zwischen 12 und 15 Euro bewegen und damit ebenfalls absolut Standard für derart gutes Essen sind.
Vom Kunststudenten zum erfolgreichen Pizzeriabetreiber – auch wenn das Leben eines Restaurantbesitzers erstmal weniger künstlerisch erscheint, so sieht Florian durchaus eine kreative Komponente in seiner Arbeit und empfindet sie auch als wichtigen Faktor. Wie beispielsweise bei der Einrichtung seines Ladens, beim Erstellen neuer Menüs oder bei der Lösungsfindung in herausfordernden Situationen, wie dem Lockdown Anfang des Jahres.
„Als Kreativer geht man da vielleicht sogar leichter ran“, sagt er. Als klar wird, dass er im Zuge der Pandemiebestimmungen seinen Laden schließen muss, zögert er nicht lange und schließt, zum Schutz seiner Gäste, eine Woche vor dem offiziellen Start. Er organisierte sogleich Fahrräder und entscheidet zusammen mit seinem Team, dass man von nun an die Pizzen selbst ausfährt. Wer nicht in die Kälte will, der hilft bei nötigen Umbauten, andere wiederum helfen in der Küche.
Für ihn war dieses Momentum keineswegs ein Schock, wie für viele andere, eher ein Segen, so hatte er Zeit, sich um Dinge zu kümmern, die schon länger am Kochen waren. Er ist gut aufgestellt, sagt er, und sollte es erneute Einschränkungen dieser Art geben, hat er bereits vorgesorgt und Ideen entwickelt, wie er die Zeit sinnvoll nutzen kann.
Sein neues Restaurant, übrigens an der beliebten Torstraße gelegen, ist mit einer Option auf kontaktloses Abholen von vorbestellten Gerichten ausgelegt. Wie genau das aussehen wird, wollte er noch nicht verraten, aber ein bisschen muss man sich ja auch überraschen lassen können. Auch hier macht er wieder alles selbst, in enger Zusammenarbeit mit seinem Team.
Florian Schramm hat aus der Disziplin des Pizzabackens eine Philosophie gemacht und sie mit seinen Ideen und Vorstellungen befüllt. Vielleicht einer von vielen weiteren Gründen, warum Standard-Serious Pizza so gut angenommen wird.
Für alle, die sich einen tieferen Einblick in die Besonderheiten des süditalienischen Kultgerichts verschaffen wollen, denen empfehlen wir einen kleinen kulinarischen Ausflug in Florians Welt zwischen Neapel und Berlin-Mitte. Eine Welt, in der neue Standards gesetzt und authentisches Flair geschaffen werden.
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Worte: Esther Seibt
Fotos: Standard-Serious Pizza
Last Updated on März 18, 2024 by Editorial Team
Esther ist eine kreative Autorin aus Berlin, die sich auf die Themen Lifestyle, Reisen und Gesundheit spezialisiert hat. Sie hat ein geschultes Auge für Details. Sie verfasst ansprechende und hochwertige Inhalte, in denen Wellness, Hotelführer und unsere sorgfältig ausgewählten Lifestyle-Guides ineinander verschmelzen.